„If you can dream it, you can do it!“
Dieses inspirierende und motivierende Zitat wird Walt Disney zugeordnet und zählt zweifellos zu den meistzitierten und bekanntesten Disney-Weisheiten. Und wisst ihr was? Dieses Zitat und seine Verbindung zu Walt Disney sind ein Fall für „DER POPKULTURELLE FAKTENCHECK“.
Ausgangssituation
Das berühmte Zitat „If you can dream it, you can do it!“ wird oft Walt Disney zugeschrieben und bedeutet auf Deutsch „Wenn du es träumen kannst, kannst du es auch tun!“. Die Kraft dieses Zitats liegt in seiner universellen Botschaft der Selbstermächtigung – der Vorstellung, dass der erste Schritt zu jeder Errungenschaft darin besteht, sie sich vorzustellen.
Das Zitat spiegelt einen typisch amerikanischen Optimismus wider und suggeriert, dass mit genügend Willenskraft und Vorstellungsvermögen alles möglich ist. Allerdings vereinfacht es die Realität, denn zwischen Traum und Verwirklichung liegen oft harte Arbeit, Ausdauer und günstige Umstände.
Heute ist es fest in der Disney-Kultur verankert und erscheint häufig in Motivationsreden, Büchern und sozialen Medien – von der Comic-Biografie „The Disney Bros.: The Fabulous Story of Walt and Roy“ bis zu „Disney in Concert“-Aufführungen. Die meisten Menschen sind dabei fest überzeugt, dass Walt Disney selbst diese inspirierenden Worte geprägt hat.

Faktencheck
Fakt ist: Walt Disney hat die berühmten Worte „If you can dream it, you can do it!“ nie selbst geäußert. Es gibt dafür keinerlei Belege – weder in Form von Filmen, Tonaufnahmen noch schriftlichen Dokumenten. Die wahre Geschichte hingegen ist weitaus faszinierender und verknüpft eine Attraktion in Walt Disney World mit einer lange Zeit im Schatten agierenden Werbetexterin.
Das Zitat tauchte zum ersten Mal 1983 in der EPCOT Center-Attraktion „Horizons“ auf, und zwar als „If we can dream it, we can do it“. Das Skript der Attraktion führte weiter aus: „The only difference is that today, with what we know and what we are learning to do, we really can bring our dreams to life. It takes a lot of work, but the truth is, if we can dream it, we can do it.“ (Zu Deutsch: Der einzige Unterschied ist, dass wir heute mit unserem Wissen unsere Träume wirklich zum Leben erwecken können. Es braucht viel Arbeit, aber wenn wir es träumen können, können wir es auch tun.)
Der Disney-Mitarbeiter Tom Fitzgerald integrierte den Spruch in das Drehbuch der Attraktion „Horizons“. Nach der Schließung der Attraktion im Jahr 1996 geriet der Spruch zunächst in Vergessenheit. 2007 wurde er dann fälschlicherweise Walt Disney zugeschrieben – was perfekt zum optimistischen Image passte, das die Firma von Walt Disney pflegte.
Obwohl keine Belege für Walt Disney als Urheber existierten, vermarktete Disney den Spruch auf verschiedenen Produkten. Dadurch verbreitete sich im Internet die falsche Zuschreibung weiter.
Tom Fitzgerald zeigte sich darüber wenig erfreut. In einem späteren Interview auf der Disney-Website D23 sagte er:
„I am very familiar with that line because I wrote it! It was written specifically for the Horizons attraction at Epcot and used in numerous ways, from dialogue in the ride to graphics. I find it amusing that the Science of Imagineering DVD series attributes it to Walt Disney, but I guess I should be flattered.“
(„Ich kenne diesen Spruch sehr gut – ich habe ihn selbst geschrieben! Er wurde extra für die Horizons-Attraktion in Epcot gemacht. Ich finde es lustig, dass Disney-Lernvideos den Spruch Walt Disney zuschreiben, aber eigentlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen.“)
Doch die Geschichte nahm 2021 eine weitere Wendung: Der Spruch stammte tatsächlich von einer anderen Person. Die Werbetexterin Sheralyn Silverstein hatte ihn bereits 1981 entwickelt – zwei Jahre vor der Eröffnung der Horizons-Attraktion. Sie arbeitete damals für General Electric, jenes Unternehmen, das später die Horizons-Attraktion sponsern würde.
Als Mitarbeiterin einer New Yorker Werbeagentur entwickelte Silverstein Texte für General Electric. Bei der Erstellung inspirierender Zitate entstand der heute berühmte Spruch „If you can dream it, you can do it“, den sie als Dialog zwischen Lehrer und Schüler konzipierte.
Die Führungsriege von GE – allen voran CEO Jack Welch – war von dem Spruch begeistert. Diese positive Resonanz führte zu einer engeren Zusammenarbeit mit Silversteins Agentur und brachte ihr nicht nur einen Bonus, sondern auch eine Gehaltserhöhung ein. Personalunterlagen von General Electric aus den Jahren 1981 und 1982, in denen der Spruch bereits auftaucht, bestätigen ihre Geschichte.
Einige Monate nach der Entstehung der Werbeslogans erfuhr Silverstein, dass Disney ihren Spruch für die Attraktion „Horizons“ in Epcot verwenden würde.
Als sie Jahre später zufällig im Internet entdeckte, dass das Zitat Walt Disney und Tom Fitzgerald zugeschrieben wurde, äußerte sie in einem Interview den Wunsch nach einem Gespräch mit Disney – was sich leider nicht mehr verwirklichen ließ. Sie stellte klar, dass Fitzgerald sich irrte, und betonte, wie wichtig es sei, als Autorin die Anerkennung für die eigene Arbeit einzufordern.
Disney-Historiker Jim Korkis nahm eine vermittelnde Position ein. Er vermutete, Fitzgerald habe den Spruch nicht bewusst übernommen, da Autoren durch intensives Lesen häufig unbewusst Eindrücke aufnähmen. Korkis erwähnte auch, dass Disney schon früher Ideen adaptiert hatte – wie etwa den Namen „Progress City“, der von einem General Electric-Slogan inspiriert wurde.
Korkis‘ eindeutiges Fazit: Die Anerkennung für diesen berühmten Spruch gebührt Silverstein.
Immer wieder wird berichtet, dass das Zitat nicht von Walt Disney stammt, wie beispielsweise vor einigen Jahren von Spinatmädchen in ihrem Blog – zu diesem Zeitpunkt jedoch noch ohne die späteren Erkenntnisse über die Werbetexterin Sheralyn Silverstein. Dennoch hält sich der Mythos, dass es von Disney stammt, hartnäckig.
Fazit
Die Geschichte des berühmten Zitats „If you can dream it, you can do it!“ zeigt eindrucksvoll, wie sich Fehlinformationen im digitalen Zeitalter verbreiten können. Ursprünglich von der Werbetexterin Sheralyn Silverstein für General Electric entwickelt, wurde es später irrtümlich Walt Disney und dann Tom Fitzgerald zugeschrieben.
Trotz der falschen Zuordnung bleibt das Zitat ein mächtiger Ausdruck des optimistischen Geistes, für den Disney steht. Auch wenn Walt Disney den Spruch nie gesagt hat, passt er perfekt zur Disney-Philosophie, die seit jeher davon geprägt ist, Träume in die Realität umzusetzen – sei es durch Animationsfilme, Themenparks oder andere kreative Projekte.
Die Geschichte lehrt uns dabei auch, wie wichtig es ist, geistiges Eigentum richtig zuzuordnen und die wahren Urheber kreativer Werke anzuerkennen.